1. Gehnberg Marathon Bramsche

10.07.2021

Vorher

Auf eine Sache kann ich mich als Marathonläufer verlassen: Unsere regionalen Veranstalter, zu denen seit gut vier Monaten nun auch Andreas zählt, haben ein sehr gutes Händchen für attraktive Laufstrecken. So durfte ich bisher unter Andreas‘ Organisation nicht nur den Alfsee und den Piesberg umrunden, sondern auch den Zweigkanal zwischen Osnabrück und Bramsche mehrmals hoch- und runterlaufen. Mein vierter Start bei ihm sollte mich zum Gehnberg bei Bramsche führen. Ehrlicherweise sagte mir der Berg rein gar nichts und nur das Foto eines türkisfarbenen Sees, der sich in einer Art Steinbruch befindet, weckte meine Neugierde.

Außerdem passte der Lauf terminlich sehr gut in meinen Zeitplan, sodass ich mich kurzfristig bei Andreas meldete und mich auf die Teilnehmerliste setzen ließ. Im Übrigen sollte dies mein 98. (Ultra-)Marathon werden, bevor eine Woche später beim Ägypten Ultramarathon die Nummer 99 folgen würde. Es klingt zwar eng getaktet, aber in meiner unmittelbaren Vorbereitung auf den 100 Meilen Mauerweglauf Mitte August war diese Distanz derzeit kein Problem für meinen Körper.

Was ich in diesem Zusammenhang aber noch nicht ausreichend trainiert hatte, war das Laufen sehr früh morgens. Daher entschied ich mich spontan dazu, beim Gehnberg Marathon schon kurz vor 6 Uhr auf die Strecke zu gehen. Dank einer großzügigen Rahmenstartzeit, die zu Zeiten von Corona bei kleineren Events üblich ist, war ein Einzelstart zu solch früher Uhrzeit problemlos möglich.

Also klingelte mich mein Wecker bereits um 4:00 Uhr wach und mit einem kleinen Frühstück im Bauch machte ich mich um 4:45 Uhr auf den knapp 60 km langen Weg nach Bramsche. Dort erreichte ich den kleinen, unscheinbaren Wanderparkplatz erwartungsmäßig als erster, doch nur wenige Augenblicke später erschienen neben Andreas auch schon die nächsten Teilnehmer. Wahrscheinlich wollten die meisten so der heißen Mittagssonne entkommen.

Nach einem kurzen Gespräch, einer Streckeneinweisung, ein paar hundert Metern Warmlaufen und dem obligatorischen Gang ins Gebüsch war ich um 5:55 Uhr bereit für meinen Start. Der Organisator ließ sich nicht lumpen und stimmte eigens für mich einen kurzen Countdown an.

Bei „Los!“ ging’s los und ich lief meinem 98. (Ultra-)Marathon entgegen.

 

Der Lauf

Zunächst lief ich die lange Asphaltstraße „An den Brunnenwiesen“ Richtung Süden knapp einen Kilometer hinab, bis eine Linkskurve und ein fast ebenso langer Schotterweg folgten. Das erste Drittel des insgesamt 6,1 km langen Rundkurses war zwar landschaftlich noch nicht sehr reizvoll, diente aber perfekt zum Ballern. Sofern es die restlichen höhenmeterreichen Abschnitte erforderlich machten, konnte ich hier wieder ein paar Sekunden reinholen.

Nach einer weiteren Linkskurve ging es über einen dezenten Anstieg in den Wald namens Gehn hinein. Hier wies der Weg zwei sandige Spuren auf und ich musste mich im Verlauf des Rennens entscheiden, welche mir die liebere war.

Erst als es noch tiefer in den schattigen Wald hineinging, wurde aus beiden Spuren ein einzelner Trailpfad. Zudem wurden die Wurzeln und Steine etwas größer und es folgten steilere Gefälle sowie Anstiege. Insgesamt war der Untergrund aber gut zu belaufen und ich freute mich über die fordernde Abwechslung auf dem dritten Kilometer, der mit 37 positiven Höhenmetern und einer Zeit von 4:51 min zu Buche schlug.

Nach einem Schlenker durch den Wald ging es über eine Schotterpiste nahtlos in die Heidelandschaft Achmer-Ueffeln über, die ich hier so gar nicht erwartet hätte. Es erschien mir auch eine recht kleine Heidelandschaft zu sein, doch sie weckte trotzdem Erinnerungen an den soeben erst gefinishten Heide-Ultra-Trail. Ich muss gestehen, dass mir solche Gegenden mitunter die liebsten sind: Unberührte Natur soweit das Auge reicht und wenig Höhenmeter, sodass ein gleichmäßiger Laufrhythmus möglich ist.

Nach einem sehr schmalen Singletrail-Pfad und einer Rechtskurve mit anschließendem, leicht matschigen Abschnitt folgte die kurze und knackige Besteigung eines grasbewachsenen Hügels. Dadurch, dass ich die Größe und Position einiger Steine unter meinen Füßen nicht erkennen konnte, zwang mich dieser Hügel zu ein paar Gehschritten. Oben angekommen ging mir zwar ganz schön die Düse, aber ich hoffte auf eine baldige, entspannte Bergab-Passage.

Bei KM 4,4 passierte plötzlich etwas Unerwartetes: ich musste einen Boxenstopp einlegen, obwohl ich doch kurz vor dem Start schon gewesen bin. Zum Glück hatte ich ein Notfalltaschentuch dabei, sodass der Stopp schnell erledigt war und ich maximal 1:30 Minuten verloren hatte.

Die kurze Pause verhalf mir auch wieder zu einem etwas ruhigeren Puls und so konnte ich das nachfolgende, leicht abschüssige Stück recht flott zurücklegen. 

Unten an der Asphaltstraße angekommen wunderte ich mich, wo denn der Blick in den Steinbruch mit dem türkisfarbenen See gewesen war. Ich erinnerte mich, kurz zuvor an einer Parkbank vorbeigelaufen zu sein. Dort muss der schöne Ausblick gewesen sein, dachte ich mir, und so wartete ich bis zur nächsten Runde, um meine Vermutung zu bestätigen.

Die letzten 550 Meter bis zum offiziellen Rundenende führten weiterhin leicht bergab (KM 6 in 4:08 min), sodass ich auf eine recht zufriedenstellende erste Rundenzeit von 27:59 min (4:37 min/km) blicken konnte – Boxenstopp inklusive.

Um in die Nähe einer Zielzeit von drei Stunden zu kommen, musste ich nun eine Schippe drauflegen. Gleichzeitig wollte ich mich nicht zu früh verausgaben und so peilte ich zunächst ein Durchschnittstempo von 4:10 min/km an. 

Beim Überqueren der Start-Ziel-Linie fragte Andreas, der noch nicht losgelaufen war, ob die Strecke gut zu finden sei. Ich bestätigte, dass alles tip-top ist, und dankte im Vorbeilaufen für die erneut sehr gelungene Streckenwahl.

Dann befand ich mich schon wieder auf dem leicht abschüssigen Kilometer Richtung Süden, den ich in 3:52 min zurücklegte, bevor der Schotterweg-Kilometer mit 4:10 min folgte. So durfte es gern weitergehen, wenngleich mir noch ein paar Steigungen bevorstanden.

Der Mix aus flachen Asphaltstücken und schattigen Trail-Passagen gefällt mir bei diesem Rundkurs besonders gut. Es gab fordernde und entspannende Abschnitte, die das Laufen sicher auch in der siebten Runde abwechslungsreich machten. Aber bis dahin dauerte es noch etwas.

Nachdem ich die folgenden drei Kilometer durch den Wald sowie die kleine Heidelandschaft hinter mir hatte und der kleine Grashügel zum zweiten Mal bezwungen war, ging es über den leicht abschüssigen, sandigen Waldweg links am Steinbruch entlang. Auf Höhe der angesprochenen Parkbank lief ich besonders weit rechts und hob im richtigen Moment meinen Kopf empor, sodass ich für den Bruchteil einer Sekunde den türkisfarbenen See erblickte. Sollte ich nach meinem Rennen noch fitte Beine haben, so wollte ich hier unbedingt nochmal herkommen, um ein vernünftiges Foto zu knipsen.

Doch zunächst ging es flott weiter und nach der Linksabbiegung auf die lange, asphaltierte Start-Ziel-Gerade war auch schon das zweite Rundenende erreicht (Runde 2 in 25:11 min; entspricht 4:11 min/km).

Ich hatte meinen gewünschten Rhythmus gefunden und freute mich über die wunderbaren Bedingungen an diesem Tag. Zusätzlich zu der extrem kurzweiligen Strecke herrschten noch angenehme Temperaturen im Bereich von 18°C und auch mit der frühen Startzeit schien ich keinerlei Probleme zu haben. Während die allermeisten Abschnitte sehr gut zu laufen waren, gönnte ich mir an dem grasbewachsenen Hügel bei KM 4,1 einer jeden Runde einen kurzen Fußmarsch. Allzu viel Zeit verlor ich dadurch nicht und gleichzeitig reduzierte ich das Verletzungsrisiko in Form von Umknicken.

Auf diese Weise spulte ich die Runden 3 bis 5 so extrem gleichmäßig ab, dass es fast unheimlich erscheint: Runde 3 in 25:15 min, Runde 4 in 25:16 min und Runde 5 in 25:15 min (allesamt 4:10 min/km).

Die Richtung war absolut die richtige, denn die bereits erwähnte Zielzeit von knapp unter drei Stunden war wieder in Reichweite.

Als ich bemerkte, wie locker es noch lief und dass bereits 30 km hinter mir lagen, liebäugelte ich mit einer leichten Tempoverschärfung. Da es auf den abschüssigen Stücken kaum schneller ging, nahm ich mir fest vor, auf meinen letzten beiden Runden insbesondere im unwegsamen und steileren Gelände zu forcieren. Mittlerweile kannte ich die Ideallinien sowie die Passagen, auf denen ich bisher etwas „trödelte“.

Auch wenn die leichten Anstiege mittlerweile wehtaten, so wusste ich, dass es nach der nächsten Kurve wieder bergab ging. Das motivierte mich mindestens genauso, wie die freundlichen Anfeuerungsrufe meiner Kontrahenten, die ich bei solchen Mehrrunden-Events meist mehrmals überrundete. Gerade zum Ende meines Rennens, das ich ja sehr früh begonnen hatte, waren immer noch alle Teilnehmer unterwegs. Heute waren wir insgesamt 16 Läuferinnen und Läufer, die sich recht gleichmäßig über die 6,1 km verteilt hatten.

Während ich mit meinen Gedanken bei all diesen Dingen war, die mich zum schnelleren Laufen motivieren könnten, war auch schon die vorletzte Runde passé. Mit 24:57 min (entspricht 4:07 min/km) gelang mir erstmals eine Zeit von unter 25 Minuten und ich bezweifelte, dass sich das nochmal toppen ließe.

Obwohl mein Vorhaben von unter drei Stunden nicht mehr gefährdet war, probierte ich nun, nicht nur bergauf flott zu sein, sondern auch bergab noch mehr aufs Gaspedal zu treten. Mit 3:49 min und 4:00 min für KM 37 und 38 waren die Weichen für eine schnelle letzte Runde gelegt.

Die beiden Höhenmeter-reichsten Kilometer einer jeden Runde waren zum Ende hin jedoch echt hart (KM 39 in 4:34 min und KM 41 in 4:36 min), sodass ich den Sandweg neben dem Steinbruch mit großen Schritten zurücklegen musste. Ich flitzte an einigen langsameren Läufern vorbei und rannte, als ob es hier um eine persönliche Bestzeit ginge. Unten an der Straße „An den Brunnenwiesen“ angekommen, bot der Asphalt noch mehr Grip und so schaffte ich KM 42 in guten 3:53 min.

Mit Erreichen der offiziellen Start-Ziel-Linie fehlten mir auf der Uhr noch 50 Meter, die ich gerne noch schnell dranhängte. Am Ende reichte es mit einer schnellsten Runde in 24:45 min (4:05 min/km) und einer Gesamtzeit von 02:58:49 Std. noch einigermaßen deutlich zu einer Sub-3-Zeit, die ich nach meiner ersten Trödelrunde kaum für möglich gehalten hätte.

Damit war nun auch (Ultra-)Marathon Nr. 98 eingetütet und ich war überglücklich darüber!

 

Nachher

Da es mir und meinen Beinen noch erstaunlich gut ging und es mit kurz vor 9 Uhr ja noch sehr früh war, zog ich mir am Kofferraum meines Autos schnell ein trockenes Shirt an, trank einen Schluck Wasser, schnappte mir mein Handy und stellte mich wieder an die Strecke. Dort wartete ich auf Veranstalter Andreas, den ich gerne auf seiner nächsten 6-km-Runde begleiten wollte.

Diese Art des Auslaufens sollte in erster Linie ein paar nette Gespräche und einige Fotos für den Laufbericht bringen. Meist begegneten wir uns bei diesen kleinen Events nur sehr kurz und so hatten Andreas und ich gut 30 Minuten Zeit, über alles Mögliche zu quatschen – natürlich ging’s hauptsächlich ums Laufen.

Auch zollte ich ihm nochmal Respekt für die Streckenwahl und schloss nicht aus, hier nochmal zu starten. Der Mix aus Wald-, Schotter- und Asphaltstraßen sowie die moderaten Höhenmeter machten diesen Mehrrundenmarathon sehr interessant und kurzweilig.

Als bei KM 5,2 rechterhand der türkisfarbene See war, pausierte ich wenige Sekunden und knipste endlich das ersehnte Foto, das sich im Übrigen auch auf der Urkunde befand.

Im Zielbereich hatte ich nach 6,1 km in 32:03 min (5:15 min/km) genug und entsendete Andreas allein auf seine nächste Runde. Wir verabschiedeten uns, woraufhin ich zum Auto stapfte und dort in Ruhe meine wohlverdiente Medaille begutachtete. Diese wurde uns aus organisatorischen Gründen schon vor dem Lauf ausgehändigt.

Daraufhin setzte ich mich ins Auto und fuhr ins nahegelegene Neuenkirchen, wo ich bei guten Freunden eine warme Dusche nehmen und gemeinsam mit ihnen frühstücken durfte. Diese Gelegenheit bietet sich nicht allzu häufig, sodass ich es richtig genossen habe. Wie lange ich geblieben bin – ob eine Stunde oder zwei – weiß ich nicht mehr, aber danach ging es weiter zu meiner Freundin Sophie, die bei ihren Eltern in Laggenbeck war.

Dort läutete ich die zweite Tageshälfte ein und das obwohl gefühlt schon ein ganzer Tag vergangen war. Einen Marathon vor 6 Uhr zu starten hat was! Das kann man mal wiederholen.

 

Zahlen & Fakten

Distanz

 

Gelaufene Zeit (Netto)

 

Gelaufene Zeit (Brutto)

 

Altersklasse

 

AK-Platzierung

 

Platzierung (Männer)

 

Gesamtplatzierung

42,2 km

 

02:58:49 Std.

 

02:58:49 Std.

 

M30 (87-91)

 

1.

 

1. von 9 (11,1 %)

 

1. von 15 (6,7 %)