11. Stadtsparkassen Marathon Cuxhaven

09.04.2017

Vorher

Bereits am 14.08.2016, als ich völlig unverhofft beim Bremerhaven Marathon gewonnen habe, stand fest, dass ich im Jahr 2017 auch in Cuxhaven an den Start gehen werde. Dieser gratis Startplatz war nämlich Teil der Prämie, die ich mit nach Hause nehmen durfte. Und natürlich freute ich mich riesig, denn solch einen kreativen Preis habe ich noch nie gewonnen.
Rechtzeitig am 07.03.2017 buchte ich für meine Freundin und mich ein Hotelzimmer im Hotel Hohenzollernhof, das fußläufig vom Start-Ziel-Gelände entfernt lag. Da es sich bei Cuxhaven aber um einen Kurort handelt und wir passenderweise von Samstag auf Sonntag nächtigen wollten, waren die Hotelpreise teurer, als wir es von vergangenen Läufen gewohnt waren. Unser fast günstigstes Zimmer lag bei 89 € für zwei Personen mit Frühstück. Bedenkt man, dass die Startgebühr von bis zu 50 € wegfällt, sieht es natürlich wieder ganz anders aus.
Nachdem am 26.03.2017 mein bisher dritter Marathon des Jahres erfolgreich über die Bühne gegangen ist, folgten zwei ruhigere Wochen, in denen ich mich für das nächste Highlight schonen wollte.
Am Samstagmorgen um 11 Uhr ging für uns die Reise in Hamburg los, sodass wir nach einer entspannten Fahrt über Buxtehude und Stade gegen 13:30 Uhr in Cuxhaven ankamen. Den Parkplatz hinter dem Hotel fanden wir auf Anhieb und checkten anschließend ein. Leider entsprach das Zimmer nicht ganz meinen Erwartungen, aber zumindest hatten wir ein eigenes Bad und der Raum war schön groß.

Unsere weiteren Pläne des Tages sahen vor, dass wir nach dem Abholen der Startnummer einen Spaziergang durch die City und anschließend zur Küste machen wollten. Zwischendurch wollten wir uns eine Kleinigkeit zu Essen kaufen, bevor dann am frühen Abend eine richtige Pasta-Party folgen sollte.
Auf dem Weg zu einer Sparkassenfiliale, in der das Meldebüro des Marathons sein sollte, merkten wir leider erst spät, dass wir über 15 Minuten lang in die völlig falsche Richtung gelaufen sind. Es schien mehrere große Filialen zu geben, sodass ich versehentlich die falsche gewählt hatte. Das hieß für uns, nochmal mindestens 15 Minuten zurückzulaufen und das mit Jacken und Schals bepackt, obwohl die Temperaturen wieder stiegen.
An der richtigen Filiale, die höchstens 10 Minuten vom Hotel gelegen hätte, kamen wir somit erst um 16 Uhr an. Da die Laune irgendwo im Mittelfeld lag, waren wir uns schnell einig, den Umweg sobald wie möglich zu vergessen und uns anschließend mit einem Eis zu belohnen.

Die Innenstadt von Cuxhaven ist übrigens wesentlich kleiner, als wir es uns vorgestellt hatten, sodass unser Spaziergang recht bald Richtung Hafen und Küste führte. Hier und da hüpften wir in ein paar Geschäfte und ließen uns von Angeboten berieseln. Natürlich kam auch das Fotografieren nicht zu knapp, denn wann ist man schon mal am Meer?
Während es entlang des Hafens weiter auf die Küste zuging hielten wir Ausschau nach einem geeigneten Lokal, wo es leckere Pasta-Gerichte zu annehmbaren Preisen gab. Das ist nämlich Grundvoraussetzung vor jedem Marathon. Doch leider waren die kleinen Restaurants in Deich-Nähe entweder zu teuer oder boten nur Fischgerichte an. So fiel die Entscheidung zugunsten der Innenstadt, wo wir uns später nochmal umschauen wollten.
Da die Wolken zum frühen Abend hin wieder dichter wurden, wirkte es um die große Elbmündung herum fast schon herbstlich. So wurden ein paar letzte Fotos geschossen, bevor es um 18:30 Uhr mit etwas müden Beinen zurück zum Hotel ging.

Nach einer kurzen Pause im Hotelzimmer inklusiv Klamottenwechsel ging es für uns um 19:30 Uhr schon weiter Richtung Innenstadt. Dort erreichten wir nach gut fünf Minuten zu Fuß das morgige Veranstaltungsgelände. Einmal um die eigene Achse gedreht entdeckten wir plötzlich ein Italienisch anmutendes Restaurant namens „Pizza La Vita“. Wer Pizza kann, der kann auch Pasta, war mein Gedanke. Und wenig später saßen wir oben am letzten freien Tisch mit Blick auf die Marathon-Startlinie, Wahnsinn! Eine solche Kulisse beim Abendessen hatte ich noch nie!
Während Sophie sich ein großes Glas Rotwein gönnte, entschied ich mich für alkoholfreies Bier und dazu eine Portion Penne Arrabiata. Nur 20 Minuten später stand schon mein zweiter Teller Nudeln auf dem Tisch – diesmal Spaghetti Bolognese. Was muss sich die freundliche Kellnerin dabei gedacht haben?

Kurz nach 21 Uhr waren wir picke-packe-voll und schlenderten gemächlich zurück zum Hotel, wo uns traditionell ein Abend vor dem Fernseher bevorstand. Sofern man zu Hause keinen eigenen Fernseher hat, weiß man das Zapping zu schätzen und genießt es in Hotels in vollen Zügen.
Am nächsten Morgen klingelte der erste Wecker um 06:30 Uhr, der letzte um kurz vor 7 Uhr. Da ich meine Laufmontur schon am Vortag zurecht gelegt hatte, konnte ich schnell hineinschlüpfen und war fertig zum Frühstücken. Sophie plante hingegen, sich nach dem Essen zurechtzumachen, also in der Zeit, in der ich schon mal verdauen konnte.
Glücklicherweise gab es am Frühstücksbuffet alles, was das Läufer- und Zuschauer-Herz begehrt. Nur der Kaffee hätte etwas heißer und leckerer sein dürfen. In dem ansonsten recht urigen, Wohnzimmer-artigen Ambiente mit vielerlei Schiffsdekoration hatten wir beiden aber viel zu gucken und entsprechenden Gesprächsstoff. Es fiel uns sogar schwer, den Tisch zu verlassen, so gemütlich schien es geworden zu sein. Doch um kurz vor 8 Uhr war es soweit und wir machten noch einmal einen letzten Abstecher ins Hotelzimmer.

Um 08:45 Uhr checkten wir aus und brachten unsere Taschen zum Auto, das wir bis zum Nachmittag auf dem Parkplatz stehen lassen durften. Dort bereiteten wir außerdem schon mal mein Klapprad vor, dessen Reifen ich am Vortag noch zusätzlich aufgepumpt hatte. Unser Plan sah vor, dass Sophie mich auf der zweiten Streckenhälfte, also auf meiner dritten und vierten Runde, mit dem Klapprad begleitet und für mentale Unterstützung sorgt. Mal sehen, ob die Bedingungen es zuließen.
Zumindest am Wetter würde es nicht scheitern, denn es war wolkenloser Himmel, Windstille und schon so früh morgens fast 15°C. Nach dem gestrigen, bewölkten Tag hätte das kaum jemand für möglich gehalten.
Um 08:50 Uhr machten wir uns auf den Weg in die Innenstadt und nutzten dafür den Weg oberhalb eines kleinen Hafen-Deiches, der direkt vor unserem Hotel begann und geradewegs in die City führte. Dabei lief ich mehrmals vor und zurück, während Sophie ganz in Ruhe durch die morgendliche Frische spazierte.

Im Startbereich angekommen stopfte ich meinen Trainingsanzug recht bald in den Rucksack, den Sophie mit sich trug, und wärmte mich weiter auf. Es folgten ein paar Dehnübungen und der letzte Gang zum nahegelegenen Dixi-Klo, bevor pünktlich zwei Minuten vor dem Start der Abschied von meinem Schatz folgte. Ich wünschte ihr ebenfalls viel Spaß und hoffte, dass unser Plan mit dem Klapprad aufgehen würde und sie den sonnigen Tag nachher genauso genießen konnte, wie ich.

Eine knappe Minute vor dem Startschuss stand ich in der ersten Reihe eines sehr merkwürdigen Startblocks. Dieser führte nämlich schräg von der Startlinie weg, sodass wir in einem etwa 60°-Winkel zum Start standen. Die ersten Meter würden somit durch eine Rechtskurve verlaufen. Seltsam, aber was soll’s. Sobald ich vorne aus dem größten Getümmel raus bin, sollte mich das nicht weiter stören.
Und dann erklang der lang ersehnte Schuss und wir Wilden wurden auf die sehr schöne Strecke entlang der Nordseeküste entlassen. Die Ungeduld hatte ein Ende und ein letztes Mal lächelte ich Sophie zu, bevor es auf die erste von vier gleich langen Runden ging.

Der Lauf

Sofort bildete sich eine Führungsgruppe aus drei bis vier Läufern, die jedoch sowohl aus Marathonis als auch den zeitgleich startenden 30-km-Läufern bestand. Gemeinsam ging es Richtung Norden zurück dorthin, von wo wir heute Morgen gekommen sind. Allerdings liefen wir nicht über den schmalen Deichpfad, sondern über die breite, gesperrte Straße links davon. Zudem erreichten wir nicht ganz unser Hotel, sondern bogen kurz davor nach links in eine Fußgängerzone ein.
Es folgten eine scharfe Rechts- und Linkskurve, bevor wieder ein längeres Geradeaus-Stück über die Schillerstraße vor uns lag. Hier war KM 1 in schnellen 03:44 min erreicht, doch was genau war heute mein Plan? Zwischen 02:50 und 02:52 Stunden sollten nach derzeitigem Trainingsstand und mit nur zwei Wochen Abstand zum vorherigen Marathon auf dem Horizontweg zu schaffen sein. Dabei wusste ich noch nicht, was die zwei Deichüberquerungen pro Runde von mir abverlangen würden.
Als es über die Catharienstraße und den Stichweg hinaus aus der City ging, überraschte uns am linken Wegesrand eine große Live-Gruppe, die Irish Folk tanzte. Sehr unerwartet und mega cool, denn soweit ich mich recht erinnere, habe ich das bei einem Marathon noch nicht gesehen. Mit dem Deich erreichten wir KM 2 (in 03:51 min) und damit auch den Punkt, an dem sich die Strecke teilte. Bisher verlief die Strecke identisch mit den später folgenden Kilometern zwischen 8,5 und 10,5. Insgesamt war der Lauf in Form einer Wendepunktstrecke gestaltet, wobei der Hinweg zum Wendepunkt rechts des Deiches und damit unmittelbar am Wasser verlief und der Rückweg sich der etwas ruhigeren Inlandsseite des Deiches widmete.

Noch bevor der Anstieg zur Deichkrone bevorstand, hatte sich der Führende des Marathons mit ordentlichem Tempo deutlich von mir gelöst. Die anderen Läufer hingen jedoch etwas hinterher, sodass ich sehr früh auf mich allein gestellt war.
Nun war ich aber gespannt, wie es auf der anderen Seite aussehen würde. Werden wir auf Sand oder Kies laufen müssen? Oder doch Asphalt? Und mit dem Bezwingen der knapp 150 Meter langen Steigung war die Frage beantwortet: es sollte auf Asphalt weitergehen. Zuvor musste aber noch die Bergab-Passage inklusiv eines kleinen Steinwalls überwunden werden. Von da an ging es die nächsten knapp zwei Kilometer am Meer entlang, das aufgrund der Ebbe mehr aus Watt, als aus Wasser bestand (KM 3 in 03:59 min und KM 4 in 04:03 min).
Vorbei an der nördlichsten Spitze umrundete ich zur Hälfte das sogenannte Fort Kugelbake, eine kleine ehemalige Marinefestung. Von dort an knüpfte ein Strandabschnitt an, der für Radfahrer nicht zugelassen war. Auch wurden hier im späteren Verlauf des Tages die Kur-Tickets aller Strandgäste kontrolliert, die auch uns im Hotel ausgehändigt wurden. Daran hatte ich gar nicht mehr gedacht.
Über eine sehr schöne Promenade zwischen Strandbars und einem sauberen Sandstrand hindurch ging es nun Richtung Osten geradewegs auf den Wendepunkt zu (KM 5 in 03:55 min). Der für mich relevante Wendepunkt lag etwas weiter, als der für die 10-km-Strecke. Nur so kamen wir auf die exakte Rundenlänge von 10,55 km.
Am Strandhaus Döse, wo mich die 180°-Linkskurve dann erwartete, war es - wie sollte es anders sein - außergewöhnlich sandig. Dies führte dazu, dass ich die Kurve sehr vorsichtig nehmen musste. Kurz dahinter machte der Streckenverlauf dann einen kurzen Schlenker nach rechts und verschwand über einen kleinen Anstieg und Abstieg auf der grünen Rückseite des Deiches. Da an diesem wundervollen, sonnigen Tag kaum ein Lüftchen wehte, konnte man auch nicht sagen, wo es windgeschützter war.
Kurz hinter KM 6 (in 03:52 min) war wieder das Fort erreicht, das durch ein kleines Waldstück abermals zur Hälfte gegen den Uhrzeigersinn umrundet wurde. Vorbei an Spaziergängern, Radfahrern und nicht zuletzt Streckenposten in orangenen Warnwesten eilte ich nach wie vor sehr flott der Innenstadt entgegen (KM 7 in 04:00 min und KM8 in 03:51 min). Diese war noch recht ruhig, würde aber spätestens mit den Halbmarathonis, die um 10:30 Uhr starten sollten, voller werden. So war es also noch problemlos möglich, durch die schattigen Gassen zu huschen und an einem Getränkestand zu einem Becher Wasser zu greifen (KM 9 in 03:55 min).
Voller Vorfreude auf etwas mehr Stimmung im Start-Ziel-Bereich und meine Freundin am Streckenrand ging auch der 10. Kilometer sehr schnell über die Bühne (in 03:50 min). Damit hatte ich eine Durchgangszeit von 39:01 min, was auf eine Marathonzielzeit von 02:44:39 Stunden hinauslaufen würde. Da ich mich noch frisch fühlte, drückte ich derzeit noch nicht auf die Bremse. Wer weiß, vielleicht ist hier sogar eine Bestzeit möglich.
Von Weitem sah ich schon Sophie, die absichtlich ein paar Schritte weiter auf die Straße ging, um Fotos von mir zu machen. Ich lächelte ihr zu und zeigte den Daumen nach oben, doch musste ich mich gleichzeitig sehr stark auf das Kopfsteinpflaster konzentrieren. Jeder falsche Schritt hätte eine kleine Verletzung verursachen können. Am südlichsten Punkt des Kurses war die gestrige Sparkassen-Filiale mit dem Anmeldebüro erreicht. Hier gab es an der Rohdestraße die zweite 180°-Wende, bevor es auf die Zielgerade und unter das Start-Ziel-Banner hindurch ging. Im Vorbeiflitzen erhielt Sophie noch einen Kussmund zugeschickt, der auf dem folgenden Foto eher ungünstig eingefangen wurde.

Und dann ging es bereits auf die zweite von vier Runden. Da ich jetzt wusste, was mich erwartet, war die Vorfreude sogar noch ein wenig größer, als vor dem Start. Die schöne Strecke und das Wahnsinnswetter haben beste Arbeit geleistet und auch mit meiner derzeitigen Position als Gesamtzweiter war ich mehr als zufrieden.
Trotz der paar Kurven in der Fußgängerzone und der bevorstehenden Deichquerung ging es für mich sehr flott weiter (KM 11 bis 13 in 03:51 min, 03:50 min und 03:51 min). Es war schon fast etwas erschreckend, doch ich konnte mir abermals sicher sein, dass die zweite Hälfte etwas langsamer ausfallen würde. Ganz egal, welches Wunder zu erwarten wäre. Dessen ungeachtet war es mein großes Ziel, so gleichmäßig wie möglich durchzukommen.
Die langen Geraden entlang des Meeres wurden nun aber zunehmend zu einem Slalomlauf, denn die Zahl der Gäste wurde spürbar größer. Was würde das dann auf der vierten Runde bedeuten? Das anfängliche Zick-Zack-Laufen äußerte sich auch auf meiner Uhr (KM 14 bis 16 in 04:01 min, 03:56 min und 03:56 min).
Nach dem zweiten Erreichen und Umrunden des sandigen Wendepunkts oben im Nordwesten gelangte ich wieder auf die etwas ruhigere Seite des Deiches, die mich auf das Fort zu und drum herum führte. An dieser Stelle gab es auch ein paar kleine Verkaufsstände, aus denen es zum Teil sehr gut roch und die weitere Passanten anlockten. Was jedoch auffiel, war, dass kaum jemand Notiz von uns Läufern machte. Das Interesse ging gegen Null und da konnten auch das flotte Tempo und die Startnummer an der Brust nicht aushelfen (KM 17 in 03:55 min und KM 18 in 03:58 min).
Ab KM 19 (in 03:55 min) begegneten mir dann bereits die ersten Halbmarathonis bzw. genau genommen das große Mittelfeld des Halbmarathons, da die Schnellen sich bereits auf der Meeresseite des Deiches befanden. Dieser zahlenmäßig größte Wettbewerb wird nun für zusätzlichen Wirbel auf der Strecke sorgen. Hoffentlich werden die zum Teil engen Stellen und Kurven des Kurses nicht aus den Nähten platzen, wenn ich an Langsameren vorbeihuschen werde.
Bei KM 20 (in 03:51 min) und somit beim Herauslaufen aus der City nach rechts Richtung Start-Ziel sah ich Sophie in der linken Außenkurve stehen. Sie hatte das Klapprad bereits aus dem Auto geholt und fertig montiert, sodass sie mir nach nur zwei Kilometern folgen konnte. Ich rief ihr allerdings im Vorbeilaufen hinzu, sie solle doch bitte noch die Cuxhaven-Kur-Tickets  mitnehmen. „Die Kur-Tickets, im Portemonnaie, im Handschuhfach!“. Mehr verständliche Worte schaffte ich in solch kurzer Zeit nicht. Für dieses Vorhaben hatte Sophie noch knapp acht Minuten Zeit, jedoch war der Parkplatz am Hotel unweit von ihr.

Indessen war ich nochmals auf dem Weg zur südlichen Wende und freute mich auf den lauten Applaus und den sympathischen Moderator in Start-Ziel-Nähe.  Kopfsteinpflaster hin oder her, die erste Hälfte war nun geschafft (KM 21 in 03:55 min). Mit einer Halbmarathon-Durchgangszeit von nur 01:22:02 Stunden konnte man Großes erwarten. Wer weiß, ob nun die Radbegleitung durch Sophie nicht noch mehr positive Energie versprühen wird. Ich blieb positiv und ließ mich einfach überraschen.
Kurz vor KM 22 (in 03:51 min) stand Sophie dann bereits am rechten Streckenrand und schwang sich aufs Klapprad. Ihre ersten Meter führten durch die Innenstadt, in der zunehmend mehr Passanten unterwegs waren. Dadurch konnte sie mir nicht direkt folgen, sondern musste manches Mal hinterher radeln. Aber das war soweit kein Problem für sie, sodass nach der 500 Meter langen Fußgängerzone bald wieder freie Fahrt war.
Bei KM 23 (in 04:00 min) passierten wir die Irish Folk Band, die auch Sophie sehr schnell überraschend ins Auge fiel. Kurz dahinter bogen wir nach rechts ab und näherten uns dem Deich. An dieser Stelle sprachen zwei junge Streckenposten Sophie darauf an, sie dürfe hier nicht Rad fahren. Sicher dachten sie, sie sei nur eine normale Spazierfahrerin. Dabei achtet meine Freundin jedes Mal sehr genau auf die Läufer um sie herum, um auch niemandem in die Quere zu fahren. Naja, somit stieg sie kurz ab, schob das Rad ein paar Meter und radelte mir dann wieder hinterher. Mir tat das Leid für sie, da das so nicht geplant oder gewünscht war, aber hoffte gleichzeitig, dass es auf der Meeresseite ruhiger zuging.
Lediglich die Deichüberquerung stand uns noch bevor, jedoch wurden wir danach wieder fürstlich entlohnt. Die Atmosphäre war einfach grandios, wie das nächste Foto deutlich macht.

Zwischen den Freizeitläufern ging es im Slalom hindurch. Mal rief ich „Vorsicht!“, mal klingelte Sophie die Passanten zur Seite. So war es einigermaßen angenehm, die nächsten zwei Kilometer abzuspulen (KM 24 in 03:58 min und KM 25 in 03:59 min), jedoch waren die Bedingungen nicht mehr dieselben, wie in der ersten Runde, als es noch früh morgens war.
Als wir am Fort vorbei waren, musste ich Sophie mitteilen, dass sie auf den nächsten gut zwei Kilometern nicht mitkommen könne. Dieser Abschnitt war, wie bereits erwähnt, für Radfahrer verboten. Nunja, somit bog sie eher links ab, überquerte den Deich und wartete wahrscheinlich zwischen KM 27 und 28 auf mich. Für mich folgte daraufhin der stressigste Teil, denn das Gewusel wurde größer und ich musste viel häufiger links und rechts ausscheren. Jeweils der eine Kilometer zum Wendepunkt und wieder zurück waren die härtesten, denn die Passanten erkannten mich kaum als einen, der sich in einem offiziellen Laufwettbewerb befindet. Ungewohnte Situation.

KM 26 (in 04:03 min) und KM 27 (in 04:02 min) schienen mir viel Kraft geraubt zu haben, denn anschließend schlich sich der bisher langsamte Abschnitt ein, obwohl es hinter dem Deich recht ruhig und flach zuging (KM 28 in 04:09 min). Natürlich erstaunte mich die scheinbar frühe Wende ein wenig, aber so reagiert nun mal der Körper. Besonders auch die steigenden Temperaturen machten mir etwas zu schaffen, aber darüber wollte ich mich nicht beklagen.
Erneut mit meinem Schatz an meiner Seite ging es zurück Richtung Innenstadt und auf das Ende der dritten Runde zu. Dabei versuchte ich, nach wie vor das Tempo hoch zu halten, um dem Mann mit dem Hammer keine Chance zu bieten (KM 29 bis 31 in 04:01 min, 04:02 min und 04:05 min). Doch zusätzlich zu den Passanten erhöhte sich nun auch die Zahl der Läufer auf der Strecke. Zum einen kamen mir viele Halbmarathonis entgegen, zum anderen musste ich sie links oder rechts überholen. Besonders im Bereich des Start-Ziel-nahen Wendepunktes war dies der Fall. Hierbei merkte ich zudem, dass der erste 30-km-Läufer etwa dann ins Ziel gelaufen kam, als ich meine dritte Runde (insgesamt 31,55 km) beendet hatte. Somit hätte ich diesen Wettbewerb voraussichtlich gewonnen.
Aber heute keine halben Sachen, denn zum Marathon fehlten mir noch ein paar Meter. Durch die Enge zwischen den Läufern wartete Sophie kurz vor KM 32 (in 04:12 min) auf mich. Von nun an ging es nochmal auf dieselbe gut bekannte Route, wobei KM 33 der vorerst letzte schnelle war (in 04:05 min).
Es folgte ein ganz schönes Tief und das machte ich durch Gestöhne und Meckern deutlich. Insgesamt sechs Kilometer entlang des Deiches, wo noch einigermaßen freie Bahn herrschte, zogen sich wie Kaugummi (KM 34 bis 39 in 04:18, 04:10, 04:15, 04:12, 04:11 und 04:11 min). Kein Hammermann, aber ein spürbarer Kampf gegen dessen Vorboten, wie ich finde.
Erst als mir bewusst wurde, dass ich den zweiten Platz, auf dem ich mich durchgehend befand, bis ins Ziel retten konnte, ging es wieder bergauf. Auch Sophie musste ganz schön strampeln, da sie merkte, dass ich zum Zielsprint ansetzte (KM 40 in 04:07 min und KM 41 in 04:02 min). Kurz bevor es auf das letzte Wendestück zuging, schickte ich Sophie vor, sodass sie noch rechtzeitig ein Zielfoto von mir knipsen konnte. Sie wünschte mir noch einen schönen Zieleinlauf und gratulierte mir vorab. Dankeschön! Und ebenfalls ein riesiges Danke für die unterhaltsame Begleitung, wenn auch mit kleinen Hindernissen.
Obwohl ich nach bestem Wissen und Gewissen nirgends abgekürzt habe, hatte meine GPS-Uhr eine deutlich kürzere Distanz für diesen Lauf gemessen, als die offiziell vermessenen 42,195 km. Denn ich näherte mich mit großen Schritten dem Zielbanner und meine Uhr stoppte ich nach nur 41,63 km.
Aber das sollte mich in diesem Moment nicht irritieren. Vielmehr genoss ich das atemberaubende Gefühl eines weiteren, wundervollen Zieleinlaufs. Und dieses Mal wieder mit sehr viel Publikum und Beifall. Das tat richtig gut!
So recht kann ich meine Gefühle nicht beschreiben, denn in erster Linie war ich sprachlos über die Zeit, die ich auf der großen Digitaluhr über meinem Kopf erkennen konnte. Das war tatsächlich kaum zu glauben, dass ich zwei Wochen nach einem anderen Marathon und bei meinem insgesamt fünften in diesem noch jungen Jahr wieder eine solche Hammerzeit raushauen konnte. Ohne die genannten Umstände wäre sicher auch eine Bestzeit nicht unrealistisch.
Das war einfach der Wahnsinn!

Nachher

Direkt hinter der Ziellinie wurde mir erst irgendein unwichtiges Werbeblättchen in die Hand gedrückt, bevor es die kleine aber schöne Medaille umgehängt gab. Komische Reihenfolge.
Und erst dann gab es einen großen Kuss für Sophie, die mit mir um die Wette strahlte. Das war einfach ein absolut tolles Gefühl, diesen Lauf mit ihr an meiner Seite absolviert zu haben. Und durch dieses Kaiserwetter war Sophies Fahrrad-Halbmarathon auch nicht mit dem aus Löningen zu vergleichen.
Nachdem ich wieder zu Atem gekommen bin, brauchte ich dringend etwas zu Trinken, und zwar etwas mit Geschmack. Auf der Strecke hatte ich zwar sporadisch mal zum Wasserbecher gegriffen, aber gewiss nicht genug. Zu diversen Iso-Getränken und Freibier von Krombacher gab es auch klein geschnittenes Obst, lecker!

Später spazierten wir noch etwas zwischen den vielen Finishern und Zuschauern herum und trafen dabei unter anderem auf Ingo Scheiding, den Zweitplatzierten vom RuM 2016, der heute den Halbmarathon in 01:21:52 Stunden gewonnen hatte. Wir unterhielten uns nett, schlenderten dann weiter und trafen auf Jannik Schütt, der einst vor dem Hannover Halbmarathon bei mir in Laatzen übernachtet hat und den ich heute Morgen am Wendepunkt am Strandhaus Döse einmal kurz gesehen habe. Auch er gratulierte mir und erzählte von seinem verlängerten Trainingslager-Wochenende in Cuxhaven.
Anschließend gönnten wir uns noch eine Kleinigkeit zu Essen und pflanzten uns auf die kleine, grüne Wiese zwischen Laufstrecke und Teich. Während ich zum Fischbrötchen griff, entschied sich Sophie für einen Crêpe, von dem ich am Ende auch nochmal beißen durfte.
Daraufhin hatten wir noch eine gute halbe Stunde Zeit, um in einer fußläufig entfernten Schule duschen zu gehen. Um kurz nach 14 Uhr erfolgte dann endlich die Siegerehrung, zu der ich natürlich als Zweites aufgerufen worden bin. Sophie knipste wieder ein paar Fotos, wurde aber von einer anderen aufgebrachten Fotografin darauf hingewiesen, ihr nicht vor die eigene Linse zu treten. Na sowas?

Was ich übrigens erfahren musste, als der Erstplatzierte aufgerufen wurde, erstaunte mich dann doch. Seine Siegerzeit war mit 02:45:19 Stunden bloß eine knappe Minute schneller als meine. Dabei wirkte er nach drei Runden noch sehr frisch und lag viele Minuten vor mir, sofern ich es an den Wendepunkt-Stücken richtig einschätzen konnte. Nunja, wäre der Lauf über einige Kilometer mehr gegangen, wäre für mich vielleicht doch der erste Platz drin gewesen. Egal!
Als Preise gab es ein großes, rotes Handtuch, ein kühlendes Sport-Duschgel, eine Urkunde und eine gelbe Rose. Im Vergleich zu meiner Ausbeute in Bremerhaven eher dünn, aber darauf kam es mir nicht an. Auch Preise sind mir egal, wenn das Drum-Rum stimmt, und das tat es hier und heute absolut.
Bis zu unserer Rückfahrt nach Hamburg um 16 Uhr brauchten Sophie und ich dann noch etwas Vernünftiges im Magen und erlaubten uns in einer nahegelegenen Bäckerei ein leckeres, warmes Panini und wundervollen Milchkaffee.
Zehn Minuten vor der geplanten Abfahrt spazierten wir etwas müde Richtung Hotel, wo immer noch das Auto stand. Dort wartete bereits eine Mitfahrerin, die sich online für 10 € einen Platz reserviert hat. Die Fahrt verging anschließend sehr gesellig, endete jedoch leider in einem fast einstündigen Stau kurz vor Hamburg.
Dadurch verkürzte sich auch unser Abend, was Sophie und mich aber nicht davon abhielt, doch noch einen Abstecher zu den Landungsbrücken zu machen. Dort angekommen genossen wir den letzten Rest des Sonnenuntergangs und belohnten uns nochmals mit gutem Essen. Es gab zwei Ofenkartoffeln mit Gemüse und dazu ein Bierchen. So ließen wir das schöne, kleine Abenteuer Cuxhaven ausklingen und freuten uns über ein weiteres Erlebnis auf unserer Liste.

Zahlen & Fakten

Distanz

 

Gelaufene Zeit (Netto)

 

Gelaufene Zeit (Brutto)

 

Altersklasse

 

AK-Platzierung

 

Platzierung (Männer)

 

Gesamtplatzierung

42,195 km

 

02:46:21 Std.

 

02:46:22 Std.

 

Männl. Hauptklasse (88-97)

 

1. von 3 (33,3 %)

 

2. von 60 (3,3 %)

 

2. von 72 (2,8 %)