Kroatien

Senj ⇒ Podbilo ⇒ Senj

31.07.2011

Während unseres Familienurlaubs in dem kroatischen Küstendorf Senj (24.07.2011 – 05.08.2011) stand es außer Frage, dass ich mindestens einen, ganz besonderen Trainingslauf absolvieren möchte. Obwohl Senj direkt am Meer liegt, zieht sich hinter dem Dorf im Inland eine gewaltige Bergkette von Nord nach Süd. Aus diesem Grund wollte ich viele Höhenmeter in meinen Lauf integrieren und zumindest ein hochgelegenes Bergdörfchen erreichen. Im Vorfeld machte ich mich mittels Google Earth und Google Maps schlau und entdeckte Podbilo, ein winziges Dörfchen auf einer Höhe von 750 Metern ü. NN. Die Distanz zwischen Senj (0 m ü. NN) und Podbilo betrug etwa 12,5 km, was machbar erschien. Wie hart es aber werden würde, ahnte ich im Vorfeld noch nicht.

Nach der ersten Woche in Kroatien entschied ich mich dafür, den Berglauf am Samstag, den 31.07.2011, bei Sonnenschein und Windstille in Angriff zu nehmen. Mein Vater wollte mich auf dem Fahrrad begleiten, um sicher zu gehen, dass mir unterwegs nichts passiert. Nach einem späten Frühstück und ein paar entspannten Stunden am Strand, packten wir nachmittags unsere Wasserflaschen ein und starteten vor unserem Appartement. Meine GPS-Laufuhr war aufgeladen, die Strecke im Gedächtnis eingeprägt und die Beine wirkten noch locker.

Die ersten 500 Meter verliefen noch parallel zum Hang und dienten dem Aufwärmen. Als wir unsere Straße verließen und links abbogen, lag der Berg vor uns wie eine scheinbar unbezwingbare Wand. Die erste Hälfte des Anstiegs war die deutlich steilere, sodass die ausreichend breite und gut asphaltierte Straße in mehreren Serpentinen hinaufführte. Schon vor dem 2. Kilometer benötigte ich drei kurze Verschnaufpausen, um mich nicht völlig zu verausgaben. Mein Vater hatte auf dem Rad ebenfalls zu kämpfen, denn selbst im ersten Gang bewegte er sich kaum von der Stelle. Dass ich die kurzen Pausen einlegte, ermöglichte ihm, wieder an mich heranzufahren. Jedoch entschieden wir bereits bei KM 2, dass ich alleine weiterlaufen werde und mein Vater schaut, wie weit er kommt.

Ich band mir meinen Trinkgürtel um und wendete mich wieder dem Berg zu. Nach weiteren Serpentinenkurven und einem langsamen Laufschritt erreichte ich KM 5, wo die nächste kurze Erholungspause folgte. Von hier aus war der Ausblick über das hinter mir liegende Dorf bereits umwerfend. Es fiel mir schwer, die Augen von dieser grandiosen Kulisse abzuwenden und weiterzulaufen. Aber ich motivierte mich mit dem Gedanken, dass die Aussicht von weiter oben noch viel schöner werden würde.

Die ersten 400 Höhenmeter waren bereits nach 5 km erreicht. Auf den folgenden 4 km kamen noch 230 Höhenmeter hinzu, die ich überraschenderweise ohne Pause erklimmen konnte. Bei KM 9 war dann der Punkt der Strecke erreicht, von dem aus Senj am kleinsten erschien. Von nun an ging es mit schweren Beinen über weniger steile Passagen weiter ins Inland hinein. Der Küstenstreifen verschwand hinter mir und ich genoss die vergleichsweise flache Straße, die sich unter anderem zwischen mehreren, großen Windrädern hindurchschlängelte. Bevor ich mich an die restlichen knapp 3 km und 120 Höhenmeter machte, folgte eine sechste kleine Pause bei KM 10.

Während ich mein Abenteuer bei den ersten Unterbrechungen noch bereut habe, war ich jetzt umso glücklicher, so lange durchgehalten zu haben.

Ganz oben im Dörfchen Podbilo angekommen, begeisterte mich das außergewöhnliche und ruhige Ambiente. Es bestand im Prinzip aus einer einzigen breiten Straße, die geradeaus hindurchführte. Auf der rechten Seite befand sich merkwürdigerweise ein gepflegter Fußballplatz mit kleinen, alten Tribünen. Nur wenige Meter weiter folgten rechts eine kleine Kirche und links ein zweistöckiges, altes Haus, in dem sich ein Café und die Poststelle befanden. Im hinteren Teil des Dorfes lag der Friedhof mit mehreren hundert Gräbern. Ansonsten standen noch einige Autos neben dem großen Haus, während im Café ein paar Einheimische saßen. Mit solch einem Bild auf 750 Metern über dem Meeresspiegel habe ich ehrlich gesagt nicht gerechnet. Es war definitiv Lohn genug für den anstrengenden Anstieg und ich bereute die Schmerzen keineswegs!

Als es plötzlich leicht zu regnen anfing, interpretierte ich es als Zeichen dafür, dass ich mich nun langsam auf den Heimweg machen sollte. Ein letzter Blick auf das herrliche Fußballfeld, zwei-drei Bisse in den Energieriegel, den ich mitgenommen hatte, und ein letzter Schluck Wasser. Auf ging’s hinunter Richtung Senj!

Der Regen hörte glücklicherweise nach weniger als zwei Minuten auf und auch die Wolken, die sich dadurch gebildet haben, verschwanden langsam. Je näher ich mit großen Schritten meinem Ziel kam, desto wärmer und sonniger wurde es wieder. Mittlerweile hatten wir es 18.30 Uhr und ich war gespannt, ob und wo ich meinen Vater auf der Strecke wiedersehe. Ich hätte mir gut vorstellen können, dass er wieder zum Appartement umgekehrt ist, allerdings überraschte er mich bei meinem 18. Kilometer. Er hat mit dem Fahrrad also hammerharte 6 Kilometer bergauf geschafft und freute sich genauso wie ich auf den abfallenden Rückweg.

In der Zwischenzeit habe ich mein Laufshirt ausgezogen, um gleichmäßige Bräune zu tanken und den Gegenwind am ganzen Körper zu spüren. Gemeinsam mit meinem Vater ging’s schneller und schneller bergab. Während meine Oberschenkel vom Abbremsen brannten, waren auch die Bremsklötze des Fahrrads unter Dauerbelastung. So steil wie jetzt kam mir die Straße auf dem Hinweg nicht vor. Es war ein Erlebnis zu sehen, wie Senj nun mit jedem Schritt größer wurde. Die Sonne erleuchtete die vielen weißen Häuschen in ein sattes Orange. Noch konnte man nicht von Sonnenuntergang sprechen, aber dass ich diesen heute mit hochgelegten Beinen genießen würde, war absolut klar!

Am Fuße des Berges angekommen, bog ich erschöpft nach rechts in unsere Straße ein und nach weiteren 500 Metern war ich an unserem Feriendomizil angekommen. 750 positive Höhenmeter und 25,2 Kilometer hinter mir. Müde und erschöpft, aber gleichzeitig zu 100% glücklich!!!