13. Drebber Familien-Staffel-Marathon

18.06.2011

Vorgeschichte

Im Frühjahr 2011 reifte in den Köpfen meiner Family der Gedanke, gemeinsam an einem Staffel-Marathon teilzunehmen. Das Angebot war im Prinzip riesig, da heutzutage jeder große Marathon-Veranstalter auch einen Staffellauf im Angebot hat. Allerdings hätte ein solches Event zwei Haken gehabt: einerseits kosten die Staffelläufe in Hamburg, Frankfurt & Co. meist über 100 € und andererseits sind die Distanzen häufig so gewählt, dass jeder Teilnehmer etwa genauso viel laufen müsste. Für meine Mutter und meine Schwester wären 10 km am Stück jedoch etwas zu viel des Guten.

Mehr oder weniger zufällig bin ich schließlich auf den Drebber Marathon gestoßen, der Mitte Juni im gleichnamigen Dörfchen nahe Diepholz (~ 74 km von zu Hause entfernt) stattfindet. Diese sehr kleine und kaum bekannte Veranstaltung schien mir von vorneherein ein Geheimtipp zu sein. Gelaufen wird auf einer kurvenreichen Strecke von 2,34 km Länge und das wahlweise zweimal, viermal, neunmal (= Halbmarathon) oder für die ganz Harten achtzehnmal (= Marathon). Unter anderem ist es möglich, über die beiden langen Distanzen mit einem Team an den Start zu gehen, das aus beliebig vielen Startern besteht. Einzige Voraussetzung ist, dass jeder Läufer mindestens eine Runde absolviert. Außerdem beträgt die Startgebühr für den Staffel-Marathon je nach Anmeldedatum akzeptable 25 bis 33 €. Anhand der Ergebnislisten aus den Vorjahren konnte ich sehen, dass nie mehr als acht Teams an den Start gegangen sind. Somit ist das keine Veranstaltung, bei der es um den verbitterten Kampf ‚Team gegen Team‘ geht, sondern ein familiäres Event in einem beschaulichen Dörfchen ohne allzu großen Konkurrenzgedanken.

Nachdem ich meiner Family all diese Infos mitgeteilt habe, entschieden wir uns relativ schnell für eine Teilnahme in diesem Jahr. Die endgültige Entscheidung fiel am Ostersonntag (am 24. April) und die erste, große Diskussionsrunde am Gartentisch umfasste bereits die Wahl des Teamnamens, die Rundenstrategie und ob wir uns einheitliche Laufshirts machen lassen sollen oder nicht. Zu allen drei Themen fanden wir kein passables Ergebnis, jedoch waren wir so motiviert, dass schon am Ostermontag die erste Generalprobe folgte. Eine Strecke von 2,34 km war schnell gefunden und so teilten wir die 18 Runden folgendermaßen auf: mein Vater und ich wollten jeweils fünf Runden übernehmen, während meine Mutter und meine Schwester je vier Runden laufen wollten. Start-Ziel-Bereich war unser Gartentor und der Kurs führte durch angrenzende Wiesen und Felder.

Bei großer Hitze und viel Sonnenschein fingen wir nach dem Mittagessen an und endeten nach rund 3,5 Stunden. Obwohl es nur Training war, hat jeder von uns alles gegeben und so wunderten wir uns nicht, als wir am Ende alle bei Kaffee und Kuchen auf der Terrasse saßen und uns müde und k.o. anschauten. Sollen wir uns das nochmal antun? Mitte Juni? Im Hochsommer? War die Strategie eine falsche? Hat es überhaupt Spaß gemacht?

Nach ein paar Tagen kehrte dann aber genügend Motivation zurück und die Strategie- und Namensfindung nahm wieder Schwung auf. Nach kurzem Brainstorming war es soweit: Wir nannten uns „SPEEDY FAMILY“! Alle waren begeistert und stolz zugleich, sodass einheitliche Laufshirts mit unserem Teamnamen ein Muss waren!

Bezüglich der Rundentaktik kamen wir auf die Idee, dass man auch zwei Runden hintereinander laufen könnte, sodass die Erholung für die Pausierenden an manchen Stellen etwas länger sein konnte. Ich setzte mich in einer ruhigen Minute an den Schreibtisch und bastelte an einer neuen Taktik. Da mein Vater keine Probleme mit seinen fünf Runden aus dem Probelauf hatte und lediglich unsere zwei Frauen im Team mit vier Runden ein wenig überfordert waren, wälzte ich jeweils eine ihrer Runden auf mich um. Die Idee war nun 7-5-3-3. Klingt wie beim Fußball! Knapp zwei Wochen nach unserem ersten Testlauf, wollten wir es an einem wiederum heißen Sonntag, den 08.05.2011, nochmals wissen. Gestärkt durch einen gemeinsamen Teamnamen und mit der hoffentlich richtigen Strategie in petto ging es abermals auf unseren Wiesen-und-Felder-Rundkurs. Diesmal lief ich zweimal zwei Runden und dreimal eine und muss sagen, dass mir das wesentlich besser gefallen hat. Meiner Family gefiel das neue Konzept ebenfalls und so blickten wir frohen Mutes auf den 18. Juni.

Bevor ich nach den Frühlingsferien wieder nach Venlo zum Studieren fuhr, machten wir noch ein Familiengruppenfoto, um dieses mit auf die Laufshirts drucken zu lassen. Insgesamt habe ich bei deren Gestaltung kein Wort mitgeredet und wollte mich einfach überraschen lassen. Umso begeisterter war ich, als ich erst via Webcam und später live das Endprodukt gesehen habe. Auf roten Funktionsshirts war vorne auf der Brust der jeweilige Vorname und auf dem Rücken prangte unser Foto mit der Aufschrift „Speedy Family“ darunter. Einfach genial!

Samstag, 18.06.2011

Vorher

Ausgeschlafen und ohne Stress fuhren wir am Samstag um 13.30 Uhr los und erreichten nach einer guten Stunde das Örtchen Drebber. Strategisch perfekt stellten wir das Auto nahe der Start-/Ziellinie auf einem Fußballfeld ab. Von dort gingen wir zunächst Richtung Grundschule und Schulhof, wo die gesamte Organisation stattfand und wo wir unsere Startunterlagen abholen konnten. In einem großen, braunen Umschlag war neben 6-7 Startnummern, Sicherheitsnadeln und ein paar Energieriegeln auch der Staffelstab enthalten. Darin befestigt war ein Chip, der sekundengenau die Rundenzeiten notieren sollte, und obendrauf setzten wir dann noch unser Maskottchen - eine kleine Ente.

Obwohl es warm und sonnig war, wärmten wir uns noch ein wenig auf, indem wir gemeinsam eine langsame 2,34-km-Runde absolvierten. So orientierten wir uns schon mal über die Streckenbeschaffenheit, die Kurven und die Windrichtung. Was uns aber am allerbesten gefallen hat, waren die vielen Ballons, mit denen fast die gesamte Strecke geschmückt war. Scheinbar hat jede Familie des Dorfes für den Streckenabschnitt vor ihrem Haus gesorgt und somit für ein buntes Gesamtprojekt gesorgt. Bisher einmalig!

Kurz vor 16.00 Uhr füllte sich der Startbereich vor der Grundschule mit Läufern und da beinahe alle Distanzen gleichzeitig gestartet wurden, wollte ich mich lieber weiter vorne einordnen, um von Anfang an freie Bahn zu haben. Als Startläufer unseres Teams durfte ich also zu Beginn zwei Runden in Angriff nehmen und schon mal ein kleines Polster herauslaufen. Und natürlich war ich gespannt, wie viele weitere Marathon-Teams es gab und wie deren Taktik aussah.

Der Lauf

Nach dem Startschuss galt es, zuerst das dicke Startseil zu überspringen und nicht zu stolpern (siehe vorheriges Foto). Dann wurde es direkt richtig flott, denn ich versuchte an zweiter Position im Windschatten des Schnellsten zu laufen. Er lief lediglich die 4,7-km-Distanz, sodass es nicht verwunderlich war, dass ich nach einer Runde schon einen kleinen Abstand zu ihm hatte. Gleichzeitig saß mir ein weiterer Läufer im Nacken, was zusätzlich für einen schönen Druck sorgte. Somit kam ich nach meiner ersten Runde auf eine Zeit von 08:32 min (= 03:39 min/km).

Bereits am Anfang der zweiten Runde musste ich dem schnellen Anfangstempo Tribut zollen und habe etwas federn lassen. Mir war es wichtig, mich nicht zu verausgaben, da mir noch 5 von 7 Runden bevorstanden.

Auf der Strecke gab es häufig die Gelegenheit, sich von den Zuschauern anfeuern zu lassen. Diese saßen meist in ihren Vorgärten, genossen ihr Gegrilltes mit Bierchen und ließen hier und da einen Spruch von sich. Der Staffelstab diente mir hierbei als Antwortmöglichkeit, denn anstelle mühevoll etwas zurückzurufen, winkte ich einfach mit dem Stab. In der Nähe des Start-Ziel-Bereichs sah ich schon von Weitem, wie mein Vater sich in der Straßenmitte aufstellte und auf die Staffelübergabe wartete. Nach Überlaufen der Zeitmessmatten (nach 08:50 min) gab ich den Stab samt Maskottchen an ihn ab und wünschte noch viel Erfolg.

Für mich waren jetzt mindestens 30 Minuten Pause angesagt, die mir sicherlich viel kürzer vorkommen würden. In der Zwischenzeit trank ich etwas Wasser und machte Fotos von den nächsten Staffelübergaben meiner Family. Nachdem mein Vater die Runde in 10:35 min geschafft hat, folgten meine Mutter nach 11:30 min und meine Schwester nach 11:19 min. Alle waren zufrieden mit ihren ersten Runden, allerdings garantierte mein Vater, dass er nicht nochmal so schnell laufen könne. Wir werden sehen.

Als mir meine Schwester den Stab übergeben hat, freute ich mich auf eine flotte Runde. Diesmal blieb es bei 2,34 km und ich musste nicht 4,7 km am Stück laufen. Da sich alle schnellen und langsamen Läufer bereits vermischt haben, kam es zu vielen Überrundungen. Diese störten aber keineswegs, sondern waren eine geniale Motivation. Ich forderte mich selbst häufiger mal auf, den Vorauslaufenden noch vor der nächsten Kurve zu überholen. Bei den etwa 16 Kurven pro 2,34 km war dies natürlich jederzeit möglich und so pushte ich mich zu einer schnellen Zeit von 08:23 min. Daraufhin galt es für meinen Vater, zwei Runden am Stück zu laufen. Ich sagte ihm noch, dass er nicht zu flott beginnen soll. Einen Augenblick später war er schon weg und ich hatte wieder eine kurze Pause.

Anhand einer Stoppuhr, die wir am Streckenrand nebenher laufen hatten, konnten wir uns jedes Mal orientieren, wann unser derzeitiger Läufer um die Ecke biegen müsste. Während der jetzigen Runde meines Vaters mussten wir etwas länger warten als zuvor (11:18 min). Umso stärker war es dann, dass er auf den direkt folgenden 2,34 km nochmal Tempo zulegen und sich auf 11:04 min verbessern konnte. Danach ging meine Mutter zum zweiten Mal auf die Strecke und übergab mir den Stab nach 11:41 min. In diesem Moment hatten wir genau die Hälfte der vollen Distanz absolviert und konnten voller Stolz auf eine Gesamtzeit von 01:33:12 Std. zurückblicken. Da ich im ersten Teil nur 3 von 7 schnellen Runden gelaufen bin und nun noch 4 folgen würden, konnten wir sogar mit einer minimal schnelleren zweiten Hälfte rechnen.

Die 10. und 11. Runde bedeuteten für mich, zum zweiten und letzten Mal 4,7 km am Stück zu laufen. Währenddessen kalkulierte ich ein wenig herum und kam zu dem Ergebnis, dass wir heute im Bereich 03:05:00 Std. landen könnten. Eine super Zeit in Anbetracht unserer Resultate aus dem Training.

Wie es in der Zwischenzeit mit den anderen Marathon-Teams aussah und wie viele es genau waren, wusste keiner so genau. Jedoch haben wir im Laufe der letzten paar Runden ein Team gefunden, dass ähnlich schnell wie wir zu sein schien. Trotzdem führten wir die Gesamtwertung seit Beginn des Laufes an.

Nach 08:37 min passierte ich im Zielbereich meine Family und winkte abermals mit dem Stab. Ich freute mich bereits auf die nächste Pause, denn meine Beine wurden spürbar müde. Und so wunderte es mich nicht, als ich die zweite Runde noch ein bisschen langsamer nach 08:44 min beendete. Den Stab übergab ich diesmal an meine Schwester und wie auf dem Foto zu erkennen ist, wurde der Himmel über uns immer dunkler und bewölkter.

Während meine Schwester unterwegs war, erzählte ich von meinen Berechnungen und der prognostizierten Endzeit. Noch wollten wir uns nicht zu sicher sein, aber stolz waren wir sowieso schon. Außerdem machte der Lauf bisher richtig Spaß und hätte es zum Ende hin nicht angefangen, zu regnen, dann wäre alles rundum perfekt gewesen.

Aber zum Glück hielt der Nieselregen nicht lange an. Als meine Schwester ihre zweite Runde nach 11:34 min beendete und mein Vater auf die Strecke ging, war die 2-Stunden-Marke durchbrochen. Zwei-Drittel hatten wir bereits hinter uns und es kam uns deutlich weniger vor. Top! Mein Vater absolvierte seine vorletzten 2,34 km in 11:14 min und schickte meine Mutter auf ihre letzte Runde.

Nach weiteren 11:41 min Pause musste ich wieder ran und versuchte auf einem erneut flotten Abschnitt (08:25 min) so viele Läufer wie möglich „einzusammeln“. Da die kurzen Distanzen bereits abgeschlossen waren und auch die Halbmarathonis so langsam im Ziel sein müssten, leerten sich die Straßen. Auch die anfangs zahlreichen Zuschauer wurden aufgrund des kurzzeitig schlechten Wetters weniger. Aber das Tat unserem Vorhaben keinen Abbruch und so folgten nach meiner vorletzten Runde nur noch meine Schwester (11:31 min) und mein Vater (11:05 min).

Nach der kürzesten Pause des Rennens durfte ich die ehrenvolle 18. Runde antreten. Da uns der Gesamtsieg nicht mehr zu nehmen war, fiel natürlich auch ein wenig Druck ab. Auf dem fast menschenleeren Kurs ging’s ein letztes Mal durch die bereits bekannten Siedlungen, rechts und links an vielen Häusern und Gärten vorbei, durch Gegenwind, mit Rückenwind und schließlich auf die Zielgerade. Meine Family wartete schon kurz vor der Ziellinie, damit wir gemeinsam zu viert finishen können. Zeitlich passend verzogen sich auch die grauen Wolken wieder und so genossen wir den sonnigen Einlauf nach exakt 03:04:43 Stunden.

Nachher

Während der Moderator noch verkündete, in welcher Zeit das Siegerteam - die SPEEDY FAMILY - ins Ziel gelaufen ist, bekamen wir unsere Finisher-Medaillen überreicht. Dann folgte noch ganz frisch ein weiteres Gruppenfoto, auf dem man sieht, wie uns die Freude ins Gesicht geschrieben stand.

Zum zweitplatzierten Team hatten wir übrigens einen Abstand von 15:20 min, also einen Vorsprung von etwa anderthalb Runden. Leider waren es nur vier Marathon-Staffeln, die an den Start getreten sind, und ehrlich gesagt hätte solch eine Veranstaltung viel mehr Teilnehmer verdient.

Nachdem wir uns ein wenig ausgeruht haben, gingen wir zu den Umkleideräumen, um zu duschen. Danach gab’s noch Pommes mit Bratwurst zur Überbrückung der Zeit bis zur Siegerehrung. Diese erfolgte wie angekündigt um 20.30 Uhr und bescherte uns einen riesengroßen, silbernen Pokal. Er war deutlich größer, als jede Trophäe bei uns zu Hause - ein Zeichen für ein grandioses Team!

Voller Stolz und mit schönen Impressionen aus Drebber machten wir uns mit Zwischenstopp bei McDonald’s auf den Weg nach Hause. Dort begann dann die schwierige Suche nach einem geeigneten Platz für unsere Errungenschaft!

Zahlen & Fakten

Distanz

 

Gelaufene Zeit

 

Altersklasse

 

Gesamtplatzierung

42,195 km  (18 x 2,34 km)

 

03:04:43 Std.

 

Mixed-Staffel 

 

1. von 4 Teams (25 %)